Zwei Bilder – zwei Perspektiven
Am heutigen Tag der offenen Tür der Bundesregierung demonstrierten 200 Menschen mit Behinderungen im Bundesgesundheitsministerium. Sie besetzten die Bühne, stellten Fragen auf der Bundespressekonferenz und blieben mit einem vagen Gesprächstermin bei Minister Spahn zurück.
Wenige Minuten nachdem der Aktivist Raul Krauthausen sich Minister Spahn in den Weg stellte und ihm die Forderung der Protestierenden zum Entwurf des Reha- und Intensivpflegestärkungsgesetz (RISG) mitteilte, twitterte das BMG ein Foto der Zwei. Jens Spahn habe sich mit Raul Krauthausen zu einem Gespräch getroffen, heißt es in diesem. Der Aktivist antwortete prompt:
“Ich korrigiere: Ich musste mich ihm in den Weg stellen. Argumente seitens Jens Spahn und dem Bundesministerium habe ich keine gehört. Ich fordere ein Gespräch mit Betroffenen zum RISG noch im August!”
Twitter – @raulde
Es war ein bezeichnendes Symbolbild für die Welten, die aufeinander prallten.
Hintergrund des Protestes ist ein Gesetzesentwurf, wonach Menschen mit einem hohen Bedarf an Behandlungspflege den Anspruch auf häusliche Krankenpflege verlieren und stattdessen grundsätzlich nur noch in vollstationären Pflegeeinrichtungen, Heimen und speziellen Wohneinrichtungen die nötige Versorgung erhalten.¹ Gegen dieses Vorhaben regte sich in den letzten Tagen ein großer Protest in der Behindertenbewegung, der zwischenzeitlich in 50.000 Unterschriften für eine Petition gipfelte. Unter dem Hashtag #NichtMeinGesetz hatten Betroffene die Auswirkungen auf ihr Leben skizziert. Ein selbstständiges Leben in den eigenen vier Wänden sei mit dem neuen Gesetz nicht möglich.
Während Betroffene auf der heutigen Bürger-Pressekonferenz Fragen zum Entwurf stellten, führte Minister Spahn aus, dass in sozialen Medien Ängste geschürt würden. Gesetzesentwürfe seien, auch für ihn, mitunter schwer zu verstehen. An die Betroffenen gerichtet sagte er, er unterstelle sich und den Betroffenen, dass alle im Interesse der Menschen mit Behinderungen an Lösungen arbeiten wollen. Konkrete Änderungsbedarfe oder Vorschläge unterbreitete er nicht. Bereits in den vergangenen Tagen verbreitete das Ministerium mitunter falsche Angaben zum geplanten Gesetz. In einer Mitteilung hieß es beispielsweise, es gäbe einen Bestandsschutz für alle derzeit Betroffenen. Das Forum der behinderten Juristinnen und Juristen hingegen wies daraufhin, dass derzeit nur eine 36-monatige Übergangsfrist beabsichtigt sei.
Die Protestierenden besetzen vorübergehend eine Bühne im Bundesministerium für Gesundheit. Als auch nach minutenlangem Skandieren kein Mikrofon den teils beatmeten Demonstrierenden gereicht wurde, versprach ein Sprecher ein Treffen mit Minister Spahn innerhalb der nächsten zwei Wochen. Auch wenn Spahn betonte, dass das Gesetzgebungsverfahren noch ganz am Anfang stünde, wurde das Ende der Stellungnahmefrist für die Verbände bereits für Anfang September, also in weniger als vier Wochen, festgelegt. Verbände wir der VdK ruderten nach anfänglicher Zustimmung zum Gesetz nun in Teilen zurück. Die Interessensvertretung der Menschen mit Behinderungen in Deutschland lehnt das Gesetz entschieden ab.
¹ Den Gesetzesentwurf, FAQ und einen Infotext finden Sie hier: intensivpflege.abilitywatch.de
Fotos: Anna Spindelndreier
Stopp diesen irren Spahn. Keine Ahnung, kein Meinung, kein Konzept. So geht es nicht. Niemals. Wer das befürwortet gehört ins Gefängnis oder ins Heim. Der hat keine Ahnung was er da anrichtet.
Volksvertreter – vom Volk gewählt – sie handeln also im Namen des Volkes!!
Ich weigere mich zu Glauben, dass das Tun und Handeln unserer Volksvertreter in Einklang mit dem Volk geschieht. Wenn sich die Mitbürger über die Konsequenzen der Handlungen “unserer” Volksvertreter im Klaren wären, wenn sie objektiv darüber informiert werden würden, wäre der Aufschrei groß. Ich kenne keinen einzigen Mitbürger, der unter den Bedingungen des BTHG leben möchte.
Keiner hat eine Garantie für ein unbeschwertes, unbehindertes Leben! Jeden kann das Schicksal treffen, jeder Zeit – jeden Tag.
Jens Spahn entscheiden hier über und gegen den Volkswillen hinweg!
So nicht! Nicht mit uns!
Kennen unsere politisch Verantwortlichen eigentlich überhaupt noch die Grundrechte, wie Grundgesetz, UN-BRK, BTHG. Ich glaube nicht!
Die Würde des Menschen ist unantastbar!!
Wenn ein Minister alle beatmeten Menschen über 18 in ein Heim einweisen lassen will, grenzt das an Euthanasie – an wegsperren, aber nicht an gleichberechtigte Teilhabe am Leben. Mit diesem unmenschlichen Entwurf rammt er das Grundgesetz, die UN-BRK und das BTHG in Grund und Boden.
Woher nimmt er sich dieses Recht? Warum müssen wir (das Volk) uns das gefallen lassen? Was muss geschehen, damit unsere Mitbürger “aufwachen” und merken, das unsere politischen Vertreter nicht mit sondern gegen uns arbeiten.
Viele betroffene aus meiner Schule sagen: “Ich lasse das Gerät abschalten. Lieber tot, als kein selbstbestimmtes Leben in der eigenen Wohnung.”
Dieser Gesetzentwurf widerspricht dem Recht auf ein selbstbestimmtes Leben. Jeder Mensch möchte in der Nähe von Freunden und Verwandten leben und Menschen mit einer so schweren Behinderung soll dieses Recht verweigert werden. Es ist nicht zu fassen dass die Kosten eine größere Rolle spielen als die Menschlichkeit.